100 Jahre Erfttalbahn
Aus der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Bahnstrecke Euskirchen - Bad Münstereifel 1890 - 1990


Mit der Bahn von Münstereifel an die Ahr
Wie die Erfttalbahn nach Süden verlängert werden sollte
Von Thomas Fues

Am Anfang dieses Jahrhunderts waren große Teile der Eifel durch die Eisenbahn erschlossen. Die südlich von Münstereifel gelegene Region aber war vom Schienennetz abgeschnitten. Die benachteiligte Lage dieser Gemeinden wurde durch den Bau der Verbindungen Dümpelfeld - Hillesheim (Eröffnung Juli 1912) und Blankenheim - Ahrdorf (Mai 1913) noch verschärft. Es überrascht deshalb nicht, daß der Ruf nach einer Verlängerung der Bahnstrecke Euskirchen - Münstereifel Richtung Süden immer lauter wurde.

Schon 1911 gab es schriftliche Eingaben aus Mutscheid, Schönau und Mahlberg an den preußischen Eisenbahnminister und das Abgeordnetenhaus in Berlin, um den Staat zu schnellem Handeln zu veranlassen. In wohlformulierten Sätzen wurden Armut und Not der einheimischen Bevölkerung und die erwarteten Segnungen einer eigenen Eisenbahnlinie beschworen. Von Münstereifel aus sollten die Gleise in einer Länge von 18 km über Eicherscheid, Schönau, Holzmülheim, Frohngau, Tondorf nach Mülheim gelegt werden, um dort Anschluß an die Strecke Blankenheim-Ahrdorf zu bekommen.

Das zu erschließende Gebiet umfaßte 130 Quadratkilometer (jeweils ein Drittel Ackerland, Wiesen und Wälder) mit etwa 5000 Einwohner/innen in 18 Ortschaften bzw. Gemeinden. Land- und Viehwirtschaft waren relativ gut entwickelt. Dagegen gab es abgesehen von einigen Kalk- und Holzsägewerken sowie Gerbereien keine industriellen Großbetriebe. Auch die lokalen Rohstoffe hielten sich in Grenzen: Kalk, Ton, Spateisenstein, Eifelmarmor. In Mutscheid wurde Ende des 19. Jahrhunderts ein Blei- und Silberbergwerk (Grube Glückstal) kurzfristig betrieben. Die Eingabe an den preußischen Staat machte die mangelnde Bahnverbindung für den baldigen Mißerfolg verantwortlich.

Nicht nur für die betroffenen Ortschaften, auch für Münstereifel war die fehlende Bahnanbindung des südlichen Hinterlands ein wirtschaftlicher Nachteil. In der von über 60 Personen unterzeichneten Mutscheider Petition heißt es dazu: "(die Bahn Dümpelfeld-Hillesheim) lenkt uns ab von unserem geschäftlichen Mittelpunkt, der Stadt Münstereifel, zu dem seit alther unsere geschäftlichen Beziehungen bestanden haben. In Münstereifel ist der Sitz unserer Verwaltung, das Kataster und in Münstereifel finden unsere Gerichtstage statt, unsere Viehmärkte."

Der Münstereifeler Bürgermeister Schumacher versuchte deshalb im Februar 1913, den bisher erfolglosen Bemühungen neuen Schwung zu verleihen. Der wirtschaftliche Niedergang der Stadt wird der fehlenden Bahnverbindung nach Süden zugeschrieben. In der Petition heißt es: "Für Münstereifel ...bedeutet die Fortführung der Bahn ...eine Lebensfrage. Wie schlimm es um Münstereifel, das früher ein blühendes Gemeinwesen



 
war, jetzt indessen nur noch wegen seiner hervorragenden landschaftlichen Lage und seiner historischen Bedeutung einiges Ansehen genießt, bestellt ist, zeigt der Umstand, daß in den letzten Jahren eine ganze Reihe bedeutender Geschäfte hier seIbst vollständig zu Grunde gegangen ist..." Zuvor hatten auch die Kreise Rheinbach und Euskirchen den Bau als sehr dringend bezeichnet. Aber selbst die Wiederholung der Argumente im preußischen Abgeordnetenhaus im April 1913 konnte die ablehnende Haltung der Regierung nicht ändern. Anderen Eisenbahnprojekten wurde eine höhere wirtschaftliche oder militärische Bedeutung zugemessen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Nur wenige Jahre später stand die Verlängerung der Bahn in den Süden Münstereifels erneut zur Diskussion. Diesmal ging der Anstoß aber nicht von der betroffenen Region aus. Im November 1915 wollte die Regierung aus militärischen Gründen von Rheinbach aus Gleise über Münstereifel nach Losheim legen. Die Angelegenheit wurde von Berlin mit höchster Geheimhaltung betrieben. In Münstereifel wurde das nicht so eng gesehen. In einer langen Stellungnahme begrüßten die Gewerbetreibenden, die eigentlich davon gar nichts wissen sollten, das neue Eisenbahnprojekt: "Seit 25 Jahren, d.h. seit der Erbauung der Bahn Münstereifel - Euskirchen ist für uns kein Projekt mehr in Erscheinung getreten, was von so einschneidender Bedeutung für die ganze Entwicklung der Stadt sein wird wie dieses."

Heftige Kritik übten sie allerdings daran, daß die Streckenführung von der rechten auf die linke Erftseite umgelegt worden war. Bei Münstereifel sollte der alte Bahnhof bestehen bleiben und von der neuen, hier rund 70 Meter höher liegenden Linie über den Radberg unberührt bleiben. Der neue Bahnhof sollte ursprünglich "oberhalb des Johannistores etwa in der Höhe des Judenkirchhofes" liegen. In einer im November 1916 angefertigten Karte der Königlichen Eisenbahndirektion in Köln führt dagegen die Strecke entlang des Wallgrabens zu einem Bahnhof südlich der Stadt (oberhalb des Henneswegs). Gleich oberhalb Iverheims sollte die Bahn auf die linke Erftseite geführt werden. Um von hier auf den gegenüberliegenden Uhlenberg zu gelangen, hätte nach Meinung der Gewerbetreibenden ein Viadukt mit Kosten von über eine Million Mark gebaut werden müssen.

Doch alle Bemühungen um eine Südverlängerung der Bahn blieben letztlich erfolglos. Bis zum Kriegsende konnten die Pläne nicht verwirklicht werden. Danach entfielen die militärischen Motive und damit mögliche Finanzierungszusagen. Das wirtschaftliche Potential der Region südlich Münstereifels alleine lieB den Eisenbahnpläne von Anfang keine Chance mehr .
 
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